Gymnasium oder Gesamtschule? Ganz nah oder ganz besonders? Nun müsst ihr überlegen, wie und wo es für euer Kind weitergehen soll. Einfach ist das nicht. Wichtig ist, dass ihr  entspannt bleibt. Und gemeinsam mit eurem Kind herausfindet, was am besten ist. 

Abitur muss sein!“ „Hauptschulen sind ‚Auffangbecken für Lernfaule’…“ „Für eine gute  Schule muss man auch einen langen Schulweg auf sich nehmen!“ – Es gibt unterschiedlichste Meinungen zu weiterführenden Schulen. Doch welche Kriterien ihr bei der Auswahl anlegt, bleibt ganz allein euch überlassen. Manchmal ist die naheliegende Lösung die beste – sprich: Ihr müsst keine Doktorarbeit daraus machen und nicht unbedingt durch sämtliche Lehranstalten pilgern.

  •  Schaut zunächst einmal, welche Schulen es im unmittelbaren Umfeld gibt.
  • Sozial, musisch oder sportlich – wie sind sie ausgerichtet? Überlegt, was für euer Kind passt.
  • Bei der Schulform, also ob es Haupt-, Real-, Gesamtschule oder Gymnasium sein soll, wird es schon komplizierter. Lasst euch hier von den Lehrern beraten, die euer Kind kennen.

Keine Panik, wenn ‚alle’ aufs Gymnasium gehen

Die Entscheidung für eine Schulform am Ende der Grundschulzeit ist nicht unumstößlich. Wer jetzt nicht aufs Gymnasium geht, für den gibt es noch viele andere Wege zum Abitur. Ohnehin ist das Gymnasium nicht immer das  Nonplusultra. Viele Kinder sind auf einer  Realschule sogar besser aufgehoben, weil der Unterricht lebensnäher und kleinschrittiger ist.

Wie geht´s weiter?

FAQ – Fragen und Antworten

Was im Fachjargon lapidar als „Schulübergang“ bezeichnet wird, empfinden Kinder meist als einschneidendes Lebensereignis. Neue Lehrer, neue Klassenräume, neue Fächer, neue Mitschüler – da kommt viel auf sie zu. Unrealistische Erwartungen können dann ebenso stressen wie eine Odyssee durch sämtliche Schulen.  In Hessen ist die Wahl des Bildungsgangs grundsätzlich eine Sache der Eltern. Das macht die Entscheidung nicht  einfacher. Zwar werdet ihr bei euren Überlegungen von der Klassenlehrerin oder dem Klassenlehrer der Grundschule beraten und unterstützt. Aber letztlich müsst ihr eine erste Richtung für euer Kind vorgeben.

Wie läuft es vor dem Schulübergang in der Grundschule ab?

Die Grundschule eures Kindes spricht in Klassenkonferenzen eine Empfehlung für eure Tochter oder euren Sohn aus. Darin raten Lehrerinnen und Lehrer zu dem Bildungsgang, der für die Bedürfnisse und Fähigkeiten eures Kindes geeignet erscheint – ihrer Einschätzung nach. In einem Beratungsgespräch wird euch diese Entscheidung mitgeteilt. Sie ist aber nur eine Empfehlung, sie ist nicht bindend. Ihr könnt eigenständig über den Bildungsgang eures Kindes entscheiden. Im Klartext heißt das: Wenn euer Kind eine Empfehlung für die Realschule hat, könnt ihr es trotzdem auf einem Gymnasium anmelden.

Wo bekommen wir Informationen über die verschiedenen Schulen?

Die Grundschule eures Kindes und die weiterführenden Schulen bieten Elternabende oder Informationsveranstaltungen an. Außerdem bekommt ihr am ‚Tag der offenen Tür’ der weiterführenden Schulen einen Eindruck. Dort werdet ihr auch über die verschiedenen Angebote und Schwerpunkte, die Abschlüsse und das Anmeldeverfahren informiert. Die Grundschulen stellen auch die Antragsformulare zur Verfügung. Ihr könnt darauf zwei Wunschschulen für euer Kind angeben.

Sollen wir zu jedem Informationsabend gehen?

Ratsam ist, schon vor dem Besuch von Informationsveranstaltungen eine Auswahl zu treffen. Wenn ihr sämtliche infrage kommenden Schulen abklappert, wird die Wahl nicht einfacher. tipp: Sortiert die Schulen nach Entfernung von eurem Wohnort, der Ausrichtung und bezieht auch „softe“ Kriterien ein. Etwa, auf welche Schule die Freunde eures Kindes gehen. Ein  vertrautes Umfeld, gute Kumpel und ein kurzer Schulweg können den Übergang erleichtern.

Sind Privatschulen eine Alternative für unser Kind?

Wenn ihr ein besonderes pädagogisches Konzept bevorzugt, kann eine Privatschule eine gute Alternative sein. Neben öffentlichen gibt es private Schulen – von der internationalen über die konfessionelle Schule bis zur Waldorf-Schule. Privatschulen sind selbst  für das Lehrpersonal und die konzeptionelle Gestaltung verantwortlich. Das Schulangebot muss über das der staatlichen Schulen hinausgehen. trotzdem stehen diese Schulen unter staatlicher Aufsicht. Privatschulen bieten  meist ein strukturiertes Lernumfeld mit kleinen Klassen und vielfältigen Förderungsmöglichkeiten. Als Wirtschaftsbetriebe sind sie auf die „Kundenzufriedenheit“ von Schülern und Eltern angewiesen. Dafür verlangen sie aber auch Schulgebühren und dürfen ihre Schüler frei wählen. Euer Kind wird also von der Schule „begutachtet“, ob es geeignet ist. Schüler, die nicht zum weltanschaulichen oder  pädagogischen Konzept passen, können abgelehnt werden.

G8 oder G9 – was ist besser?

Lieber im Turbogang zum Schulabschluss oder gemütlicher mit mehr Zeit? Viele Diskussionen gab es in den letzten Jahren um die Frage, ob acht oder doch neun Jahre am Gymnasium bis zum Abitur führen sollen. Für beides gibt es Argumente. Was besser ist, lässt sich nicht pauschal sagen. Viele Gymnasien im Landkreis Darmstadt-Dieburg sind jedoch mittlerweile zu G9, also 13 Schuljahren, zurückgekehrt. Wenn ihr wollt, dass euer Kind ein G8- Gymnasium besucht, habt ihr eine begrenzte Auswahl. Im Stadtbereich Darmstadt etwa  bieten nur noch drei Gymnasien G8 an – die Lichtenberg Schule, das Georg-Büchner-Gymnasium und die Eleonoren Schule.

Wer entscheidet, ob unser Kind den Schulplatz bekommt ?

Ihr meldet euer Kind offiziell an einer Schule an, über die endgültige Vergabe der  Schulplätze entscheidet die Verteilerkonferenz des Staatlichen Schulamts in Rücksprache mit den Schulleitungen der weiterführenden Schulen. Egal, ob ihr direkt daneben wohnt oder ansonsten einen Bezug zu der Wunschschule habt – ein Anspruch auf eine bestimmte Schule besteht nicht, nur auf den Besuch des gewünschten Bildungsgangs.

Hauptschule

Die Hauptschule vermittelt eine allgemeine Bildung als Grundlage für eine praktische  Berufsausbildung. Sie ist also für Schüler gedacht, die nach dem Schulabschluss eine Lehre  machen wollen. Praktische Kenntnisse und Fertigkeiten werden besonders gefördert. Nach der neunten Klasse können die Schüler den Hauptschulabschluss machen. Wer eine  Zusatzprüfung besteht, kann auch den Qualifizierenden Hauptschulabschluss erreichen und damit seine Chancen auf einen Ausbildungsplatz verbessern.

Realschule

Sie vermittelt eine erweiterte allgemeine Bildung und ermöglicht eine Schwerpunktsetzung nach Leistungen und Neigungen. Schüler können beispielsweise eine zweite Fremdsprache lernen. Es wird mehr selbstständiges Lernen erwartet als in der Hauptschule. Im Gegensatz zum Gymnasium werden die Schüler aber berufsbezogener ausgebildet. Wer nach der  zehnten Klasse die Mittlere Reife erwirbt, kann beispielsweise Berufsfachschulen, Fachoberschulen oder auch das Gymnasium besuchen.

Gesamtschule

Eine Gesamtschule fasst verschiedene Bildungsgänge zusammen: Hauptschule, Realschule und die Mittelstufe des gymnasialen Bildungsgangs. Alle Abschlüsse, die in diesen einzelnen Bildungsgängen vergeben werden, können erworben werden. Unterschieden wird dabei in die kooperative Gesamtschule (KGS). Hier werden Haupt- und Realschule und die Mittelstufe des gymnasialen Bildungsgangs als voneinander getrennte Schulzweige geführt. In der integrierten Gesamtschule (IGS) sind die Bildungsgänge nach dem Prinzip längeren gemeinsamen Lernens integriert – es gibt keine Einteilung der Schülerinnen und Schüler in Haupt-, Realschul- und Gymnasialzweig.

Gymnasium

Das gymnasiale Angebot richtet sich an intellektuell begabte, leistungsfähige und -willige Schülerinnen und Schüler und bereitet diese auf den Besuch einer Universität oder auf die Berufs- und Arbeitswelt vor. Vermittelt werden soll eine breite und vertiefte Allgemeinbildung. Außerdem sollen die Schülerinnen und Schüler bis zum Abitur in der Jahrgangsstufe 12 bzw. 13 entsprechend ihrer besonderen Fähigkeiten und Neigungen Schwerpunkte bilden.

Privatschule

Schulen in freier Trägerschaft – die offizielle Bezeichnung für Privatschulen – erweitern das  Angebot freier Schulwahl. Kirchliche Organisationen, Sozialwerke, Vereine oder   Privatpersonen können freie Träger sein. Sie sind für das Lehrpersonal und die  konzeptionelle Gestaltung verantwortlich. Privatschulen erheben ein Schulgeld, meist in Relation zum Einkommen der Eltern. Die Waldorf-Schule in Darmstadt etwa ist eine staatlich anerkannte Ganztagsschule mit eigener pädagogischer Prägung auf Grundlage der Waldorfpädagogik. Auch die Freie Comenius-Schule und die Montessori-Schule in Darmstadt haben ein eigenes pädagogisches Konzept. Schulen wie die Edith-Stein-Schule, die Sabine-Ball-Schule oder das Schulzentrum Marienhöhe in Darmstadt haben dasselbe  Bildungsangebot wie öffentliche Schulen, sehen sich aber bei der konzeptionellen Ausrichtung dem christlichen Menschen- und Weltverständnis verpflichtet.

Die Qual der Schulwahl: 5 Tipps

Je mehr Auswahl ihr habt, umso schwieriger wird es. Das Wichtigste: Verfallt nicht in Hektik oder Panik, bleibt besonnen.

Tipp 1: Findet über Fragen heraus, wohin es gehen kann

Ihr seid die Experten, schaut euch euer Kind an:

❑ Welche Begabungen und Talente hat es wirklich?

❑ Wie groß ist die Lernbereitschaft, wie steht es um die Arbeitshaltung?

❑ Ist euer Kind sehr neugierig, kann es sich gut konzentrieren?

❑ Ist es eher praktisch veranlagt und hat es nicht so mit Zahlen und Buchstaben?

❑ Könnt ihr euer Kind, etwa bei Fremdsprachen, unterstützen?

Tipp 2: Geht zum ‚Tag der offenen Tür’

Hier erlebt ihr natürlich nicht den „echten“ Lernalltag. Die meisten Schulen hübschen sich auf für den ‚Tag der offenen Tür’. Es werden Paradestunden gehalten und Vorzeigeprojekte präsentiert. Ein  Bauchgefühl und einen ersten Eindruck könnt ihr aber trotzdem bekommen. Zum Infoabend solltet ihr erst dann gehen, wenn diese Schule in die engere Wahl kommt.

Tipp 3: Holt euch Infos bei Schülern

Die beste Beratung ist lebensechte: Sprecht direkt mit Schüler/innen der infrage kommenden Schulen. Sie können euch viel mehr verraten, als das Informationsmaterial und die warmen Worte der Lehrer. Die sind ohnehin das A und O – keiner kann vorhersagen, mit welchem Lehrer euer Kind besonders gut klarkommt. Vorsicht übrigens bei  Empfehlungen von Ex-Schülern. Bisweilen halten „Ehemalige“ große Stücke auf ihre alte Schule. Liegt die Schulzeit aber schon einige Jahre zurück, kann sich vieles geändert haben.

Tipp 4: Werft einen Blick auf den Pausenhof

Auch noch mal fürs Gespür: Geht mit eurem Kind mal zur Pausenzeit an die Schule. Wie laut ist es? Wie wirkt die Atmosphäre auf euch? Ist der Schulhof gestaltet, gibt es nette Plätze? Geht es wüst und chaotisch zu? All diese Eindrücke können das Zünglein an der Waage sein.

Tipp 5: Lasst euer Kind mitbestimmen

Euer Kind will auf die eine Schule, ihr aber haltet eine andere für viel besser? Grundschulkinder sind kaum imstande, solche Entscheidungen eigenverantwortlich zu treffen. Sie brauchen eure Unterstützung. Aber sie sollten ein großes Mitspracherecht haben und mit der Entscheidung voll und ganz einverstanden sein. Macht eine Pro- und Contra-Liste, auf der ihr alle Argumente für beide Schulen sammelt. Findet heraus, warum euer Kind diese Schule so „cool“ findet – liegt es an den Freunden, am Sportplatz oder am Schulweg? So klar vor Augen, erledigt sich manches von selbst. Hin und wieder kann ein cooler Schulhof tatsächlich wichtiger als beeindruckende Lernkonzepte sein…