Elternzeit – so hatte man sich den Start nicht vorgestellt

Das erste Jahr in aller Ruhe mit dem Kind verbringen, sich kennenlernen und die ersten Schritte ebenso bewundern wie die ersten Worte, die Elternzeit ist für viele Familien eine wichtige Zeit, um sich gegenseitig kennenzulernen und eine Bindung aufzubauen. Doch in diesem Jahr war und ist alles anders. Dabei waren und sind die Herausforderungen durchaus sehr unterschiedlich. Während die einen ihre Elternzeit nicht nehmen konnten, weil sie in systemrelevanten Berufen arbeiten, verloren die Anderen plötzlich ihre finanzielle Grundlage, weil Kurzarbeit oder gar Entlassungen alle Planungen hinfällig machten.

Damit durch die Krise nicht die Elternzeitmonate verfallen oder aufgrund der Einkommensverluste das Elterngeld gekürzt wird, hat der Bund hier einige Änderungen vorgenommen.   So können beispielsweise Eltern, die ihre Elternzeit unterbrechen mussten, weil sie in systemrelevanten Berufen arbeiten, diese später nehmen, selbst wenn das Kind dann älter als 14 Monate sein sollte. Das betrifft alle Elternzeitmonate die zwischen dem 1.3.2020 und dem 31.12.2020 liegen. Diese verschobenen Elternzeitmonate müssen bis spätestens zum 30.06.2021 angetreten werden. Auch für Gehaltseinbußen durch die Corona-Krise sollen sich nach dem Willen der Bundesregierung nicht auf das Elterngeld auswirken. Informationen finden Sie auf www.bmfsfj.de.

Mal zu – mal auf: Kinderbetreuung

Sind die Regelungen zu den Zahlungen des Elterngeldes noch verhältnismäßig klar, so wird es einigermaßen unübersichtlich, wenn das Kind in die Kita oder Schule geht. Die Kinder haben viel mehr soziale Kontakte und daher steigt das Risiko von einer Quarantäne betroffen zu sein, entweder weil das Kind als Kontakt ersten Grades identifiziert wird oder es sich selbst infiziert hat und nun die Eltern und Geschwister als Kontakte ersten Grades gelten. Auch die zuletzt immer hitzigen geführten Diskussionen um die Einführung des Wechselmodells in Schulen, bereitet Eltern und auch Arbeitgeber unruhige Nächte. Hier folgt nun eine Übersicht der Regelungen im Infektionsschutzgesetz. Vorne weg: Im Infektionsschutzgesetz gelten nur Kinder unter 12 Jahren oder Kinder mit Behinderungen unabhängig von ihrem Alter als auf Betreuung angewiesen. Alle nun folgenden Erklärungen gelten also ausschließlich für Eltern dieser Kinder.

Ist das Kind von einer Quarantänemaßnahme betroffen, aber selbst nicht infiziert, dann können Eltern weiterarbeiten gehen. Jedenfalls in der Theorie. In der Praxis müssen Eltern selbstverständlich auch in Zeiten von Corona ihrer Aufsichtspflicht nachkommen und geraten auf diese Weise in einen Konflikt. Im Falle eines Falles sticht die Aufsichtspflicht die Pflicht den Arbeitsvertrag zu erfüllen. Ist keine andere Betreuung zu organisieren, dann kann ein Elternteil zu Hause bleiben und sich um das Kind kümmern. Für den Fall, dass Home-Office keine Alternative ist, steht dem Elternteil eine Entschädigung zu. Diese beträgt 67 Prozent des Nettolohns, höchstens aber 2.016 Euro monatlich. Der Arbeitgeber zahlt den Arbeitnehmer diesen Betrag, kann ihn dann auf Antrag bei der entsprechenden Behörde, meist das Gesundheitsamt, zurückerstattet bekommen. Insgesamt stehen jedem Elternteil zehn Wochen Entschädigungszahlungen zu, Alleinerziehenden 20 Wochen. Sollten diese Wochen ausgereizt sein, bleibt nur der unbezahlte Urlaub, in Absprache mit dem Chef.

Gleiches gilt für Selbstständige und Freiberufler. Auch sie können bei der Behörde im Falle einer amtlichen Anordnung einen Antrag auf Entschädigung stellen. Für Beschäftigte in Teilzeit oder geringfügiger Beschäftigung sowie Kurzarbeit gilt es zu beachten, dass die zehn Wochen nicht nach Stunden, sondern nach Tagen gerechnet werden. Jeder angebrochene Arbeitstag wird komplett vom „Konto“ abgezogen.

Komplizierter liegt der Fall immer dann, wenn Home-Office möglich wäre. Hier ist der Arbeitnehmer im Grunde verpflichtet, seiner Arbeitsleistung nachzukommen und von zu Hause aus zu arbeiten. Das würde dann Gehalt in voller Höhe für den Arbeitnehmer bedeuten. Nun weiß jeder der Kinder hat, wie gut es sich arbeitet, wenn man zugleich die Betreuung und vielleicht sogar die Beschulung sicherzustellen hat. Marco Bedrich erläutert für den DGB, dass nach dessen Rechtsauffassung, Home-Office dem Arbeitsnehmer nicht zugemutet werden kann, wenn dieser Kinder im Kindergarten- oder Grundschulalter zu betreuen hat. In dem Fall fiele allerdings das Recht auf Lohn weg und die Entschädigungszahlungen würden greifen. Auch ist die Rechtslage hier nicht eindeutig. In einer Veröffentlichung des Gesundheitsministeriums ist zu lesen, dass die Betreuung „mehrere (kleiner) Kinder“ sowie die Pflege eines behinderten Kindes eine zumutbare Arbeit in Home-Office ausschließen. Wie lange genau ein Kind als „klein“ gilt, ist nicht genau definiert. Der DGB empfiehlt also sich vorher mit einem Anwalt für Arbeitsrecht zu beraten, sollten sich hier mit dem Arbeitgeber Konflikte andeuten.

Vorsicht ist auch überall da geboten, wo nur eine Anordnung der Schule vorliegt, aber kein offizielles Dokument der Behörde, welche die Schließung der Einrichtung angeordnet hat. Diese Anordnungen der Schule sind nicht bindend. Eltern, die für ihren Arbeitgeber eine Bescheinigung brauchen, müssen sich direkt ans Gesundheitsamt wenden. Da die Gesundheitsämter aber zum Teil stark überlastet sind, haben einige von ihnen Vordrucke der Bescheinigung an die Schulen ausgegeben. In diesem Fall reicht das Schreiben, welches das Kind von der Schule mitbringt, um der Arbeit fern bleiben und Entschädigungszahlungen beantragen zu können.

Das Kind hat sich mit COVID 19 infiziert

Da das Kind krankgeschrieben ist, haben Eltern Anspruch auf das Kinderpflegegeld. Sie erhalten die Krankschreibung wie gewohnt vom Kinderarzt und es gelten auch dieselben Regeln wie bisher bei Erkrankungen der Kinder. Je nachdem wie diese Ausfallzeiten im Arbeitsvertrag geregelt sind, erhält man bis zu zehn Tage Lohnfortzahlung oder Kinderkrankengeld von der Krankenkasse. Mit einem positiven Test muss das Kind mindestens 14 Tage in Quarantäne bleiben und darf weder raus, noch Besuch bekommen. Die Quarantäne endet frühestens 14 Tage nach dem positiven Test, wenn die infizierte Person seit 48 Stunden keine Symptome mehr aufweist und ein Arzt dies bescheinigt.

Eltern gelten selbst als Kontaktperson ersten Grades, wenn das Kind erkrankt ist. Sie stehen also unter Quarantäne und das bedeutet in aller Regel, dass sie das Haus nicht verlassen dürfen, auch nicht, um mit dem Hund Gassi zu gehen oder um schnell etwas einzukaufen. Angehörige, Nachbarn oder die Nachbarschaftshilfe können hier helfen, sowohl mit dem Einkauf als auch mit dem Hund. Im eigenen Garten darf man sich natürlich aufhalten.

Normalerweise dürfen Kontaktpersonen ersten Grades die Quarantäne auch dann nicht abbrechen, wenn ein negativer Test vor liegt. bei Eltern kleiner Kinder liegt der Fall anders. Sie dürfen nach Ende der Quarantäne ihres Kindes einen Test machen und die Quarantäne verlassen, wenn dieser negativ ausfällt.

Grundsätzlich gilt, dass eine Quarantäne nicht ohne Absprache mit den Gesundheitsbehörden abgebrochen werden darf. Andernfalls können sogar Haftstrafen drohen.

Fragen und Antworten zu diesem Themenbereich finden sich unter „Fragen und Antworten zu Entschädigungsansprüchen nach § 56 IfSG“ auf der Seite des Gesundheitsministeriums im Bereich „Coronavirus.

https://www.bundesgesundheitsministerium.de/coronavirus.html

Anträge zur Entschädigungszahlung können immerhin für einige Bundesländer unter www.ifsg-online.de gestellt werden. Für alle Bundesländer, die nicht an den Online-Service angeschlossen sind, finden sich dort Hinweise, wo die passenden Unterlagen zu finden sind.

Das Kind ist älter als 12 Jahre

Für Eltern von Kindern die älter sind als 12 Jahre gilt: In der Bundesregierung ist man der Ansicht, dass Kinder mit dem vollendeten 12. Lebensjahr keine Betreuung mehr benötigen. Eltern kennen diese Regelung schon von den Kinderkranktagen, die auch nur bis zum 12 Lebensjahr gewährt werden können und im Falle ernster Erkrankungen Eltern dazu zwingen, Urlaub zu nehmen oder sich unbezahlt freistellen zu lassen.

Auch in der Pandemiesituation kommt der Bund hier nicht zu einer anderen Bewertung und findet es also absolut zumutbar, dass Kinder über 12 Jahre für die Dauer einer Quarantäne alleine zu Hause verbleiben. Es gibt also für den Fall, dass das Kind wegen Quarantäne zu Hause bleiben muss, kein Anrecht darauf im Home-Office zu arbeiten. Nun dürfte es kaum Eltern geben, die bestreiten, dass ein Kind in dem Alter mit leichten Bauchschmerzen einen oder zwei Tage allein zu Hause verbringen kann. In diesem Fall geht es allerdings um 14 Tage und das betroffene Kind soll in dieser Zeit auch seine Aufgaben für die Schule machen. Zudem ist die Situation, das Haus nicht verlassen zu dürfen, eine große psychische Belastung, die selbst Erwachsenen schwer zu schaffen macht,.

Eltern können, sofern ihr Arbeitgeber ihnen nicht entgegenkommt, nur versuchen, das Kind in einer solchen Zeit zu unterstützen. So kann es schon helfen, die Hausaufgaben nicht alleine zu machen, sondern mit einem Freund im Rahmen einer Videokonferenz.

Hilfreich sind auch verschiedene Youtube-Kanäle mit Sportangeboten wie beispielsweise Tanzkursen oder kurzen sportlichen Trainingseinheiten. Bewegung kann helfen, die Stimmung wieder zu heben.

Doch so segensreich die digitalen Möglichkeiten heute auch sind, Untersuchungen zeigen, dass das Cyber-Mobbing, in der Pandemie unter Jugendlichen zugenommen hat. Experten bitten Eltern an dieser Stelle besonders aufmerksam zu sein.

Neben LernApps gibt es inzwischen Online-Nachhilfe durch Lehramtsstudenten. Im ersten Lockdown im Frühjahr, haben solche Angebote vielen Schülern, denen die direkte Ansprache durch Lehrkräfte fehlte, sehr geholfen, um einigermaßen über die Runden zu bleiben.

Unterschiedliche Hilfen und Angebote finden sich kostenlos unter www.corona-school.de.

Ein weiteres ehrenamtliches Angebot gibt es unter www.haydee-digitalenachhilfe.com. Hier finden sich viele mehrsprachige Lehrkräfte oder Lehramtsstudenten.

Kinder getrennt lebender Eltern

Familienmodelle sind heute bunt und vielfältig. Nicht wenige Kinder leben in zwei Haushalten, weil die Eltern getrennt leben. Innerhalb einer Region ist das unproblematisch, aber wie ist es, wenn die Elternteile in zwei unterschiedlichen Bundesländern wohnen? Justizministerin Christine Lamprecht hat eindeutig klargestellt, dass das Umgangsrecht von den Einschränkungen nicht betroffen ist und weiterhin in gewohnter Form wahrgenommen werden kann.

Finanzielle Hilfen – was ist möglich?

Neben den ausführlich behandelten Entschädigungszahlungen gibt es aktuell leider nur wenige Möglichkeiten. Mittlerweile haben alle Familien die Sonderzahlung der Regierung in Höhe von 300 Euro pro Kind erhalten.

Zusätzlich gab es den sogenannten Not-Kinderzuschuss, um Familien mit geringem Einkommen zu unterstützen. Die Regelung, die den Zugang zum Kinderzuschuss erleichterte, ist zum 30.09.2020 ausgelaufen, aktuell gelten also wieder die alten Zugangsbedingungen, in Bezug auf den angerechneten Lohn.

Wer nicht mehr zurecht kommt, beispielsweise weil die Entschädigungszahlung nicht ausreicht, kann weiterhin vereinfachte Anträge beim Jobcenter stellen. Bis Ende des Jahres wird hierbei keine Anspruchsprüfung im eigentlichen Sinne vorgenommen. Das bedeutet, dass beispielsweise Erspartes nicht erst aufgebraucht werden muss, bevor ein Anspruch auf unterstützende Gelder besteht.

Aktuelle Informationen

Zurzeit ist die Lage unübersichtlich und die Anordnungen lösen sich schnell ab. Gerade erst hat das dritte Infektionsschutzgesetz den Bundestag passiert und liegt nun beim Bundesrat. Oft erhält man eine Flut von sich zum Teil widersprechender Aussagen, was gilt und was nicht. Das liegt daran, dass die konkrete Umsetzung vieler Regeln in kommunaler Hand liegt.

Wichtigster Ansprechpartner ist deshalb das örtliche Gesundheitsamt, dass den genauen Überblick haben sollte, was gerade aktuell im eigenen Kreis gilt. Oft helfen hier die Homepages der entsprechenden Stellen schon weiter.

Hotlines sind dieser Tage häufig überlastet, besonders in den Großstädten. Viel Zeit in Warteschleifen kann man sich sparen, indem man bei allgemeinen Fragen die Hotlines der Bundesländer anruft. Diese verstecken sich allerdings manchmal gut auf unübersichtlichen Seiten, während andere Bundesländer sie deutlich auf der Startseite des Gesundheitsministeriums angeben. Hier ist immer wieder Geduld der Suchenden gefragt.

Nur wenn das eigene Gesundheitsamt zuständig ist, sollte man nach Möglichkeit dort anrufen. Das ist beispielsweise der Fall, wenn man eine Erkrankung oder Kontakte melden möchte, man einen Test benötigt oder wenn man eine Bescheinigung für eine Quarantäneanweisung braucht.

Bei medizinischen Fragen kann auch die bundesweite Rufnummer 116 117 helfen.

Neuigkeiten gibt es auch per WhatsApp unter den Nummer +49 151 62875183, nachdem man eine Nachricht mit „Start“ verschickt hat.

Weitere Links zu spezifischen Themenbereichen gibt es auf der Seite des Bundesgesundheitsministeriums: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/. Darunter auch Hinweise zu Reisen.

Anträge zur Entschädigungszahlung können für einige Bundesländer unter www.ifsg-online.de gestellt werden.

Sünje Loes