Gymnasium oder Gesamtschule?
Ganz nah oder ganz besonders?
Wenn das Ende der Grundschulzeit naht, steht die Entscheidung an, wie und wo es nächstes Jahr weitergehen soll.
Einfach ist die Schulwahl oft nicht.
Wichtig ist, gemeinsam herauszufinden, was am besten ist.

Philipp, 10 Jahre, geht seit diesem Schuljahr aufs Gymnasium. Im ersten Halbjahr der vierten Klasse stand das fest.
„Aber es war dann gar nicht so leicht zu entscheiden, auf welcher Schule er die nächsten neun Jahre verbringt“, sagt Mutter Andrea Kreft.
Die Familie wohnt in Langen, dort gibt es neben einem Gymnasium noch eine integrierte und eine kooperative Gesamtschule. „Wir haben uns alle drei Schulen angeguckt, damit wir einen Überblick bekommen.“ Letztlich fiel die Wahl auf die Dreieichschule, das örtliche Gymnasium.
„Das Angebot und die Ausrichtung der Schule fanden wir gut.“ Aber ausschlaggebend sei gewesen, dass Philipp ein gutes Gefühl hatte. „Er hat sich auf dem Schulgelände gleich wohlgefühlt. Besonders das Sportangebot und die Naturwissenschaften dort haben ihm gefallen.“
Auch wenn sich die Familie viele Informationen eingeholt habe, sei es letztlich doch eine Bauchentscheidung gewesen. „Wichtig war vor allem,
dass die Schule in der Nähe ist und Freunde von Philipp auch dorthin gehen.“

Keine Panik vor der Entscheidung

So wie Familie Kreft geht es allen, die vor der Aufgabe stehen, eine Schulwahl treffen zu müssen: Wenn feststeht, welche Schulform infrage kommt, muss die passende Schule für das Kind gefunden werden.

In Hessen ist die Wahl des Bildungsgangs grundsätzlich eine Sache der Eltern. Das macht die Entscheidung nicht einfacher. Zwar werden Eltern und Kinder dabei von der Klassenlehrerin oder dem Klassenlehrer der Grundschule beraten und unterstützt, aber entscheiden müssen sie dann doch selbst.
Nach wie vor geht der Trend zum Gymnasium. So fällt beispielsweise in Darmstadt bei zwei Dritteln aller Grundschüler die Wahl aufs Gymnasium. Dabei muss es nicht immer die höchste Schulform sein. Viele Kinder sind auf einer Realschule sogar zunächst besser aufgehoben, weil der Unterricht lebensnaher und kleinschrittiger ist.

Die Entscheidung für eine Schulform am Ende der Grundschulzeit ist außerdem nicht unumstößlich. Wer jetzt nicht aufs Gymnasium geht, für den gibt es viele andere Wege zum Abitur, das sollte man sich immer klarmachen.

Und jetzt?

Die Grundschulzeit ist vorbei, nun wird es spannend. Für die Kinder ist das ein großer Schritt, für die Eltern auch. Neue Schule, neue Lehrer und meistens mehr als in der Grundschule, neue Klassenkameraden, neue Fächer … da kommt einiges auf die Kinder zu, die beim Wechsel in die weiterführende Schule meist zwischen zehn und elf Jahren alt sind. Einige brennende Fragen beantworten wir hier.

„Wie läuft es vor dem Schulübergang in der Grundschule ab?“

Die Grundschule des Kindes spricht in Klassenkonferenzen eine Empfehlung aus. Darin raten Lehrerinnen und Lehrer zu dem Bildungsgang, der für die Bedürfnisse und Fähigkeiten des Kindes geeignet erscheint – ihrer Einschätzung nach. In einem Beratungsgespräch wird den Eltern und dem Kind diese Entscheidung mitgeteilt. Sie ist aber nur eine Empfehlung, sie ist nicht bindend. Eltern können eigenständig über den Bildungsgang ihres Kindes entscheiden. Im Klartext heißt das: Wenn das Kind eine Empfehlung für die Realschule hat, kann es trotzdem auf einem Gymnasium angemeldet werden.

„Wo bekommen wir Informationen über die verschiedenen Schulen?“

Die Grundschule des Kindes und die weiterführenden Schulen bieten Elternabende oder Informationsveranstaltungen an. Außerdem kann man sich die Schule am Tag der offenen Tür anschauen, wo man über die verschiedenen Angebote und Schwerpunkte, die Abschlüsse und das Anmeldeverfahren informiert wird. Die Grundschulen stellen auch die Antragsformulare zur Verfügung, auf denen zwei Wunschschulen angegeben werden.

„Sollten wir zu jedem Informationsabend gehen?“

Ratsam ist, vor dem Besuch von Informationsveranstaltungen eine Auswahl zu treffen. Wer alle infrage kommenden Schulen abklappert, macht sich die Entscheidung nicht leichter. Besser ist es, Kriterien festzulegen. Etwa wie weit die Schule entfernt sein darf und welche Schwerpunkte sie anbieten sollte. Wichtig kann auch sein, auf welche Schule die Freunde des Kindes gehen. Denn ein vertrautes Umfeld, gute Kumpel und ein kurzer Schulweg können den Übergang erleichtern.

„Sind Privatschulen eine Alternative für unser Kind?“

Wer ein besonderes pädagogisches Konzept bevorzugt, für den kann eine Privatschule eine gute Alternative sein. Neben öffentlichen gibt es private Schulen – von der internationalen über die konfessionelle Schule bis zur Waldorf-Schule. Privatschulen sind selbst für das Lehrpersonal und die konzeptionelle Gestaltung verantwortlich. Das Schulangebot muss über das der staatlichen Schulen hinausgehen. Trotzdem stehen diese Schulen unter staatlicher Aufsicht. Privatschulen bieten oft ein strukturiertes Lernumfeld mit kleinen Klassen und vielfältigen Förderungsmöglichkeiten. Als Wirtschaftsbetriebe sind sie auf die „Kundenzufriedenheit“ von Schülern und Eltern angewiesen. Dafür verlangen sie aber auch Schulgebühren und dürfen ihre Schüler frei wählen. Das Kind wird also von der Schule „begutachtet“, ob es geeignet ist. Schüler, die nicht zum weltanschaulichen oder pädagogischen Konzept passen, können abgelehnt werden.

„G8 oder G9 – was ist besser?“

Lieber schnellstmöglich zum Schulabschluss oder gemütlich mit mehr Zeit? Viele Diskussionen gab es in den letzten Jahren um die Frage, ob acht oder doch neun Jahre am Gymnasium bis zum Abitur führen sollen.

Für beides gibt es Argumente. Was besser ist, lässt sich nicht pauschal sagen.

Viele Gymnasien im Landkreis Darmstadt-Dieburg sind jedoch mittlerweile ohnehin zu G9, also 13 Schuljahren, zurückgekehrt. Im Stadtbereich Darmstadt beispielsweise bieten im Schuljahr 2019/2020 nur noch zwei Gymnasien G8 an – die Lichtenberg- und die Eleonoren Schule.

„Wer entscheidet, ob unser Kind den Schulplatz bekommt?“

Eltern melden ihr Kind offiziell an einer Schule an, über die endgültige Vergabe der Schulplätze entscheidet die Verteilerkonferenz des Staatlichen Schulamts in Rücksprache mit den Schulleitungen der weiterführenden Schulen. Einen Anspruch auf eine bestimmte Schule besteht nicht, nur auf den Besuch des gewünschten Bildungsgangs.

Welche Schulen gibt es?

Eine Übersicht aller weiterführenden Schulen des Landkreises Darmstadt-Dieburg und der Stadt Darmstadt gibt es auf der Homepage des Staatlichen Schulamtes unter https://schulaemter.hessen.de/standorte/darmstadt/schulangebot/schulliste

Die Qual der Schulwahl – 5 Tipps

Tipp 1

Finden Sie über Fragen heraus, wohin es gehen kann.

Welche Begabungen und Talente hat unser Kind?
Wie groß ist die Lernbereitschaft, wie steht es um die Arbeitshaltung?
Ist unser Kind sehr neugierig, kann es sich gut konzentrieren?
Ist es eher praktisch veranlagt und hat es nicht so mit Zahlen und Buchstaben?
Können Sie selbst ihr Kind, etwa bei Fremdsprachen, unterstützen?

Tipp 2

Gehen Sie gemeinsam zum Tag der offenen Tür

Hier erlebt man natürlich nicht den „echten“ Lernalltag. Die meisten Schulen hübschen sich auf für den Tag der offenen Tür. Es werden Paradestunden gehalten und Vorzeigeprojekte präsentiert. Ein Bauchgefühl kann sich trotzdem zuverlässig einstellen. Zum Infoabend sollte man dann gehen, wenn diese Schule in die engere Wahl kommt.

Tipp 3

Informieren Sie sich bei Schülern

Was die Schule so über sich sagt, ist das eine. Das andere ist, was Schüler, die auf diese Schule gehen, berichten. Darum lohnt es sich, direkt mit Schülern der infrage kommenden Schulen zu sprechen. Sie verraten meist mehr, als das schöne Informationsmaterial und die warmen Worte der Lehrer. Die sind ohnehin das A und O – keiner kann vorhersagen, mit welchem Lehrer das Kind besonders gut klarkommt. Vorsicht übrigens bei Empfehlungen von Ex-Schülern. Bisweilen halten „Ehemalige“ große Stücke auf ihre alte Schule. Liegt die Schulzeit aber schon einige Jahre zurück, kann sich vieles geändert haben.

Tipp 4

Werfen Sie einen Blick auf den Pausenhof

Auch noch mal fürs Gespür: Gehen Sie mit Ihrem Kind mal zur Pausenzeit an die Schule. Wie laut ist es? Wie wirkt die Atmosphäre? Ist der Schulhof gestaltet, gibt es nette Plätze? Geht es laut und chaotisch zu? All diese Eindrücke können das Zünglein an der Waage sein.

Tipp 5

Lassen Sie Ihr Kind (mit)bestimmen

Ihr Kind will unbedingt auf die eine Schule, Sie aber finden eine andere viel besser? Natürlich sind Grundschulkinder noch nicht imstande, so wichtige Entscheidungen eigenverantwortlich zu treffen. Sie brauchen Unterstützung. Aber sie sollten ein großes Mitspracherecht haben. Denn schließlich sind sie es, die die Entscheidung am Ende ausbaden müssen. Sinnvoll ist eine Pro- und Contra-Liste, auf der alle Argumente für beide Schulen gesammelt werden. Wichtig ist auch die Frage warum das Kind diese Schule so „cool“ findet – liegt es an den Freunden, am Sportplatz oder dem Schulweg? So klar vor Augen, erledigt sich manches von selbst. Aber man sollte auch daran denken: Manchmal ist ein cooler Schulhof wirklich wichtiger als beeindruckende Lernkonzepte…